Keine Verbesserung ist zu klein oder geringfügig, als daß man sie nicht durchführen sollte.
Von hundert Änderungen mag jede einzelne läppisch und pedantisch erscheinen; zusammen können
sie ein neues Niveau des Textes ausmachen.
Theodor W. Adorno
Autoren sind die Schreibenden, und schreiben bedeutet – nach landläufiger Auffassung –, seinen Gedanken
Ausdruck zu verleihen.
Aber geht es eigentlich in erster Linie um Ausdruck? Kommt es nicht vielmehr auf Eindruck an?
Wir sprechen hier ja nicht von Gedichten, die ein lyrisches Ich offenbaren sollen, oder von Liebesbriefen, die zarte
Gefühle bezeugen wollen. Wir sprechen von akademischen Texten, deren zentrales Anliegen ein ganz anderes ist:
referieren, argumentieren, überzeugen. Ob ein solcher Text sein Ziel erreicht, hängt nur schwach davon ab, ob ein
Autor möglichst viel von dem ausgedrückt hat, was er weiß. Aber es hängt stark davon ab, welchen Eindruck der
Text beim Leser hinterlässt.
Lektoren sind – der Etymologie des Begriffs nach – vor allem Leser. Wenn man so will, sind sie ,exemplarische
Leser’. Ihre Kunst besteht darin, einem Text aus der Perspektive der intendierten Adressaten sorgfältig auf
den Zahn zu fühlen. Sie sollen verhindern, dass ein Text einen schlechten Eindruck macht, zum Beispiel weil er
fehlerhaft oder schwer verständlich ist oder weil Quellen fehlen. Sie sollen gewährleisten, dass ein Text einen
positiven Eindruck erzeugt, zum Beispiel indem er wohlstrukturiert und elegant formuliert ist. Vor allem aber sollen
sie dazu beitragen, dass ein Text eindrücklich ist: indem er Interesse weckt, den Leser weder über- noch unterfordert, eine
,zwingende’ Logik entfaltet, statt nur etwas zu behaupten. Und so weiter.
Gute Lektoren müssen daher imstande sein, eine gewisse Doppelrolle zu spielen. Einerseits müssen sie Verbündete
der Autoren sein, denn es geht um den Dienst an deren Texten und den Respekt vor deren geistiger Leistung. Darum
müssen sie genau und empathisch lesen können; erschließen, was gemeint ist – auch wenn das Manuskript dem
Verständnis manchmal Widerstände entgegensetzt –; kitten, wenn die Argumentation Sprünge und Brüche enthält;
den roten Faden wiederfinden, wenn er verloren zu gehen scheint. Das setzt wissenschaftliche Kompetenz voraus und
die Fähigkeit, den Autoren fachlich ,das Wasser zu reichen’.
Andererseits müssen sie zugleich Antagonisten der Autoren sein. Lektoren müssen darauf bestehen können, dass es
nicht darum geht, Gedanken einfach in Textform abzusondern, sondern darum, mit Gedanken ,über die Rampe zu
kommen’. Insofern sind sie eher Verbündete eines imaginären typischen Lesers. Sie fragen beispielsweise
danach, ob man bei einem plausibel angenommenen Adressatenkreis bestimmte Informationen als bekannt voraussetzen
darf oder ob man sie darlegen muss. Das setzt Immunität gegen jene Art von ,Betriebsblindheit’ voraus, zu
der man beim Verfassen von Texten leicht neigt, wenn man schon lange in den Stoff eingetaucht ist.
Und apropos „angenommener Adressatenkreis”: Genau genommen muss man – heute mehr denn je – im
Plural sprechen. Ein wissenschaftlicher Text erfüllt im Idealfall die Erwartungen einer Kerngruppe von fachlich
motivierten Lesern („Peers”), aber oft soll er zugleich die Referees eines namhaften Journals
oder/und das (vom Marketing gebiaste) Lektorat eines reputierten Verlags überzeugen. Je nach Textsorte tritt
vielleicht noch der Anspruch hinzu, für gebildete Laien verständlich zu sein oder den Ansprüchen von
Gremienmitgliedern eines Geldgebers zu genügen. Lektoratsarbeit erfordert deshalb zuweilen, von verschiedenen
Zielpublika auszugehen und einen vertretbaren Kompromiss auszuloten – ohne dass es den Text dadurch förmlich
zerreißt.
Insofern versucht ein gelingendes Lektorat, einen Prozess idealtypisch vorwegzunehmen, der sich später bei einem
veröffentlichten Text ohnehin vollzieht: den Kommunikationsprozess zwischen Autor und Leser. Dabei ist ein
schlichtes Sender-Empfänger-Modell der Kommunikation völlig unzureichend – das ist der springende Punkt.
Die Vorstellung, dass ein Autor eine Nachricht codiert und aussendet und ein Leser sie decodiert und aufsaugt, ist
– wie man seit langem weiß – entschieden zu unterkomplex.
Leser bringen Erwartungen, Eigensinn und mehr oder minder große Vorkenntnisse mit. Selbst
wenn sie vom Untersuchungsgegenstand noch wenig wissen und auch wenn es ihnen nicht immer bewusst ist, gehen
in die Lektüre Meinungen, Einstellungen und (Vor-)Urteile ein; sie können es erschweren, mit Positionen
,durchzudringen’, namentlich wenn diese Standpunkte innovativ, unkonventionell oder überraschend sind. Leser
wollen überdies durch einen Argumentationsgang geleitet, nicht jedoch bevormundet werden; sie wollen ,bei der
Stange gehalten’ werden und Vergnügen an der Lektüre empfinden. Wenn sie sich langweilen oder unbefriedigt
sind, überlesen oder überschlagen sie Passagen, schlimmstenfalls brechen die die Lektüre ganz ab.
Gegen diese Leserautonomie ist aus Autorensicht kein Kraut gewachsen. Denn auch bei einem
komplexeren Kommunikationsmodell bleibt ein Faktum unhintergehbar: Es handelt sich um einen einseitig
gerichteten Kommunikationskanal. Kein Leser kann Nachfragen stellen respektive um mehr/weniger Ausführlichkeit
bitten; kein Autor kann post festum auf Leserunmut reagieren, noch etwas richtigstellen oder Erläuterungen
nachschieben. Des Autors einzige Chance liegt darin, die Autonomie des Lesers zu antizipieren und seinen Text
so zu verfassen, dass Rezeptionsprobleme ausgeräumt und Akzeptanzwiderstände minimiert werden.
Oft ist es bei der Produktion eines Texts nicht möglich, aus Gründen der Arbeitsökonomie vielfach auch
nicht zweckmäßig, all die rezeptionsbezogenen Faktoren im Auge zu behalten, von denen hierüber die Rede
war. Deshalb kann ein Lektorat ein fruchtbarer Zwischenschritt nach der ,Rohproduktion’ und vor der Publikation
eines Texts sein. Es kann Fragen, die Leser später nicht mehr äußern können, vorwegnehmen, auf Verständnis-
und Ermüdungsprobleme aufmerksam machen, die Überzeugungskraft einer Argumentation steigern und vieles mehr.
Diesem Verständnis liegt – wie deutlich geworden sein wird – die Überzeugung
zugrunde, dass die Leistung eines akademischen Texts letzten Endes nicht in seiner Hervorbringung liegt, sondern
in seiner erfolgreichen Perzeption. Zwar gratifiziert das Wissenschaftssystem mehr und mehr den zähl- und messbaren
,Output’ und kaum den qualitativen ,Outcome’. Aber für den wissenschaftlichen Fortschritt eigentlich entscheidend
ist die Frage, ob Forschungsergebnisse bei den Adressaten wohlwollend und angemessen aufgenommen, diskutiert und
weiterentwickelt werden.
Sofern Sie diese Überzeugung teilen, könnte ein so verstandenes Lektorat auch für Sie nützlich
sein. Ob Sie es tatsächlich benötigen, ist eine Frage Ihrer Selbsteinschätzung und ggf. des Kollegenechos, das Sie
im Vorfeld erhalten (haben). Einen ersten – freilich eher spielerischen als analytischen – Eindruck
liefert Ihnen vielleicht der
➔ »Selbsttest« auf der liftext-Seite. Etwas fundiertere Entscheidungsgrundlagen
bietet Ihnen, zu sehr überschaubaren Kosten, ein liftext-Probelektorat.
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zu erfahren.
Apropos Kosten: Ein Lektorat auf dem hier angesprochenen fachlichen Niveau und mit der
Kompetenz und Sorgfalt, die liftext Ihnen zusichert, kostet eine Stange Geld – viel mehr jedenfalls,
als manche „Korrekturdienste” im Internet Ihnen abverlangen, um dann im Zweifel ein paar Tippfehler
zu beheben, ohne auch nur ansatzweise den Sinn Ihres Texts zu begreifen und von analytischem Verstand Gebrauch zu machen.
Hochqualifizierte Lektoratsarbeit verlangt angemessene Vergütung – daran ist nicht zu deuteln. Ob man
die Kosten als hoch empfindet und die Investition scheut oder nicht, ist oft eine Frage des Maßstabs: Gemessen
an den Personal- und Sachmitteln, die etwa für ein mittleres Forschungsprojekt die Regel sind, liegen die Kosten
für ein Lektorat des Projektberichts fast im vernachlässigbaren Bereich – aber für den ,Impact’ des
Projekts kann das Lektorat unter Umständen ausschlaggebende Wirkung entfalten.