Keine Verbesserung ist zu klein oder geringfügig, als daß man sie nicht durchführen sollte.
Von hundert Änderungen mag jede einzelne läppisch und pedantisch erscheinen; zusammen können
sie ein neues Niveau des Textes ausmachen.
Theodor W. Adorno
[...] Das heißt, Vertrauen lässt Kooperation wünschenswert erscheinen, und Unterstützung ermöglicht es
den Individuen, diesen Wunsch in praktisches Handeln zu transformieren (vgl. Bartlett/Ghoshal 1997, S. 174).
Dabei wäre es ein zu eng gefasstes Verständnis des Terminus „Unterstützung”, wenn man
hier nur die Bereitstellung von erforderlichen Ressourcen im Auge hätte. Mindestens ebenso groß ist die Bedeutung des
psychosozialen Aspekts, dass die Beschäftigten um die kontinuierliche und ausreichende Versorgung mit Ressourcen nicht
ständig zu fürchten brauchen. Es geht mit anderen Worten um das Bedeutungselement von „Vertrauen”, das am
treffendsten durch „Verlässlichkeit” zum Ausdruck gebracht wird – analog zum Unterschied zwischen
trust und confidence im Englischen.
Allerdings sind nicht in allen Alltags- und insbesondere Arbeitssituationen die Voraussetzungen gegeben,
um Vertrauen über einen längeren Zeitraum erst einmal aufbauen zu können. Oft wird von den Beteiligten ein
Vertrauensvorschuss erwartet, ohne dass sie eine ausreichende empirische Basis für ein rationales Kalkül darüber
besitzen, ob die „riskante Vorleistung” (Luhmann 1989, S. 23) gerechtfertigt ist. Dann verändert sich
gleichsam das Mischungsverhältnis der beiden Ingredienzen von Vertrauen: Die kognitive Komponente tritt zwangsläufig
in den Hintergrund und die normative Komponente überwiegt (vgl. dazu die in den 1990er Jahren durchgeführten
Untersuchungen zu swift trust von Meyerson et al. 1996, siehe auch Cialdini/Trost 1998, Kristof et al. 1995).
Zum ersten mangelt es in solchen Konstellationen meist an Erfahrungen, auf die man sich stützen
könnte, weil die Interaktionsgruppe noch zu neu ist und die erinnernde Reflexion vergangener ähnlicher Situationen
nicht weiterhilft. Zum zweiten ist schon Georg Simmel (1992 [1908]) zu dem Schluss gekommen, dass aus der Beobachtung
vergangenen Verhaltens von Interaktionspartnern allenfalls Hypothesen über deren künftiges Verhalten abzuleiten seien,
bei denen man es immer mit einem unvermeidlichen Restbestand von Kontingenz zu tun habe. Gemäß diesem Theorem kann ein
Gegenüber immer auch ,unerwartet’ anders handeln, als man es bisher gewohnt war. Hierin drückt sich eine klar andere
Vorstellung als in behavioristischen Ansätzen aus, wonach menschliches Verhalten von Reiz-Reaktions-Schemata
determiniert werde und sich in fast mathematischen Algorithmen beschreiben lasse (zur generellen Kritik am Behaviorismus
vgl. u.a. Hecht/Desnizza 2012).
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